„Er heißt Julius“, lallte er und sah mich dabei so doof und zugleich so treu ergeben an, dass ich trotz der Situation lachen musste. „Wollte ich bloß noch sagen, damit du nicht abhaust und denkst, wir hätten dich nur verarscht.“
Logisch war daran praktisch nichts, dachte ich, aber es war irgendwie süß.
„Nee“, antwortete ich, „weil - ich hab euch ja die ganze Zeit verarscht.“
„Genau“, nickte Rooney.
Und zu seiner völligen Überraschung nahm ich ihn in den Arm und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Während mein linker Arm um seine Schulter fasste, fuhr mein rechter Arm blitzschnell in seine Jeansjacke. Ich sagte ja schon, es war ein verrückter Gedanke. Aber irgendwie dachte ich, dass die Kohle in diesem Augenblick da sicherer sein würde als irgendwo sonst. Meine Finger stießen unerwartet gegen etwas Hartes und ich griff wie in einem Reflex zu, spürte einen kleinen runden Gegenstand, einen Ring, vielleicht mit einem Stein darauf, und ließ ihn in meine Hosentasche gleiten, das alles in Sekundenbruchteilen. Ich hatte mir anscheinend ein kleines Pfand genommen.
„So, Mädchen!“
Wladimir hatte die Schnauze voll. Er rempelte den immer noch total erstarrten Rooney zur Seite und legte stahlhart seinen Arm um mich.
„Gehen wir raus“, knurrte er und schob mich Richtung Ausgang.
„Klar“, brummte ich.
Making of
Am Anfang war das Wort, genauer gesagt: Zwei Worte. „Fette Scheiße“. Darüber unterhielten sich zwei Jungs auf den Sitzplätzen hinter mir im Flugzeug auf dem Flug von Köln nach Lissabon – das war im Sommer 2003. Ich habe keine Ahnung mehr, um was es ging, aber ich war plötzlich durchdrungen von dem Gedanken, ein Buch zu schreiben, das genau so anfängt, nämlich mitten drin in der fetten SchXXX.
Im Jahr drauf schrieb ich die ersten beiden Kapitel und führte die Hauptpersonen ein: den Professorensohn Julius und den kriminellen Jugendlichen Joe. Der dann allerdings wenig später „umoperiert“ wurde in ein Mädchen. Vielleicht ist die 15jährige Joe gerade deshalb ein bisschen krass, weil sie ursprünglich als männliche Figur angelegt wurde. Aber das macht einen ganz besonderen Reiz aus.
Eigentlich wollte ich „nur“ einen aberwitzigen Krimi schreiben, um mich nach den eher „schweren“ Themen von RaumZeit und Heldenprojekt mal ein bisschen in der untergehenden Spaßgesellschaft auszutoben. Doch mit dem stinkreichen Julius und der bettelarmen Joe, zwischen denen ganze Welten liegen, mit den Themen rund um die „Elternhäuser“ der beiden und was sonst noch so zählt im Leben, sind doch wieder ein paar interessante Fragen mit reingerutscht, die zum Weiterdenken einladen…
Sollte es noch eines Hinweises bedürfen, um echtes Interesse zu erhaschen, sei auf eine Rückmeldung meines ehemaligen WG-Genossen Stephan verwiesen, der mich seinerzeit fragte: „Kommt denn in dem neuen Buch jetzt mal endlich eine explizite Sexstelle?“ Tja, was soll ich sagen – findet es heraus!
Presse
"Elegant löst der Autor die bewusst gesetzten Klischees von der wohlsituierten Akademikerfamilie auf der einen und der Rumpffamilie aus dem Arbeitermillieu auf der anderen Seite nach und nach auf. [...] Die in den amüsant abgedrehren Krimi wunderbar leichtgewichtig eingewobene Geschichte vom Erwachsenwerden, vom Sichselbstfinden zwischen Eigenverantwortung und den Zwängen der Verhältnisse lässt einen sogar über die Sprache hinwegsehen."
– Literatur-Beilage der FAZ vom 21. März 2007
"Wie schon in 'RaumZeit', das die Jugendjury für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominierte, interessiert ihn auch hier vor allem, welche Wirkung es auf junge Menschen hat, wenn sie über den Tellerrand ihrer bürgerlichen Existenz schauen. Ein packender Roman, der die Spannung bis zum überraschenden Ende hält."
– Süddeutsche Zeitung vom 2. März 2007